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2.500 Kilometer mit der Wanderdohle (einer aussterbenden Art) durch Sonne, Wind       marcus  01.03.05   15:04:21
Der erste Kontakt mit der Wanderdohle fand zufällig bei meinem Fahrradhändler statt. Eigentlich hatte ich ein anderes hochwertiges Fahrrad im Visier, doch dann stand da eine wunderschöne klassische Wanderdohle … Daraufhin begann eine längere Überlegungs- (und Rechnungs-)phase mit meiner "Finanzministerin" und es wurde klar, dass es dieses Rad sein muss. Als ich einen unverschuldeten Autounfall hatte und beschloss, meinen Arbeitsplatz zu wechseln, so dass ich nicht mehr mit dem Auto, sondern mit dem Rad fahren kann, wurde die Entscheidung wesentlich beschleunigt. Der Donkey-Anhänger von Winther war der erste Schritt, da ich nach dem Unfall aufgrund der Verletzungen nichts mehr tragen durfte. Wie also die Markteinkäufe transportieren, wenn das Tragen eines Einkaufskorbes nicht mehr möglich ist und auch das Tragen eines Rucksacks starke Schmerzen verursacht? Meine Frau wurde in dieser Zeit der Packesel - bis der Donkey sehr schnell da war. Er stellte eine wesentliche Erleichterung dar. Im Dezember 2003 folgte dann die Wanderdohle mit allem was das Leben leichter macht (aber nicht das Rad): Rohloff, SON, Brooks B90 ungefedert auf der guten Airwings Evolution, BigApple 50, Country Kettenschutz, die Magura HS 33 - das Ganze im klassischen schwarz.
Zunächst fuhr ich noch wenig - ich musste bis zum Arbeitsplatzwechsel noch 9 Monate warten und bis dahin weiter Auto fahren, also beschränkten sich die Radfahrten aufs Private. Einmal wagte ich die Fahrt mit dem Rad & Donkey zur Arbeit - waren vier Stunden Fahrt einfach - zu viel, um es täglich auf mich zu nehmen. Meine Frau verzeichnete allerdings eine starke Zunahme der umweltfreundlichen Fahrten nicht nur zum Spaß an den Bodensee, sondern auch die alltäglichen Besorgungen haben wir mehr und mehr auf`s Fahrrad verlegt. Sogar der Einkauf unserer Wein- und Wasservorräte werden inzwischen weitgehend mit Rad und Donkey erledigt.
Seit September 2004 fahre ich nun täglich mit der Wanderdohle zur Arbeit. Egal ob die Sonne scheint, es regnet oder schneit. Ein paar ganz wenige Ausnahmen gibt es - da habe ich noch einen kleinen Roller … nach nun 2.500 Kilometern kann ich nur sagen: Jeder einzelne Tag mit der Wanderdohle war eine Freude. Im Freundes- und Familienkreis überlegen jetzt schon die ersten, ob sie sich nicht auch so ein edles Rad zulegen sollten - Zitat vom vergangenen Wochenende: "… aber ich warte noch darauf, bis du mal was Negatives zu berichten hast …?" Antwort meiner Schwägerin:"So wie ich das bisher sehe, wird das jetzt nach über einem Jahr auch nicht mehr passieren!". Zumindest meine Frau ist überzeugt - wir warten auf die Libelle.
Ein paar Freunde haben mich für verrückt erklärt auch im Winter mit dem guten Rad zu fahren, da es doch unter dem Streusalz sehr zu leiden habe - und ich muss sagen: Nein, tut es nicht! Ich habe meine Dohle Mitte Februar einer kompletten, äußerst sorgfältigen Putzaktion unterzogen und konnte nirgends (!) auch nur einen Anflug von Korrosion feststellen. Weder Rahmen, noch Speichen, Felgen, Haltestreben der guten "P65 Kotflügel" oder Naben - auch keine der Schrauben wiesen auch nur ein Fünkchen von Rost auf! Daraufhin habe ich dem gesäuberten Rad eine schöne Schicht Hartwachs, mit dem ich normalerweise ein- bis zweimal im Jahr unser Auto konserviere, gegönnt, damit es so bleibt. Mein Fahrradhändler hatte Sorgen um die Naben, wenn sie so lange nicht gereinigt werden und monatelang den winterlichen Elementen ausgesetzt werden, aber die - vielleicht nicht gerade schönen, aber ungemein wirksamen - Nabenputzringe, die leider nur noch schwer aufzutreiben sind, machen ihre Arbeit gut! Kleiner Tipp: Bei Rohloff und SON gleich zwei Sätze Nabenputzringe kaufen, da die normalen Naben kleiner sind und da benötigt man eben die zwei großen Ringe für Rohloff & SON, zwei kleine bleiben übrig - in meinem Fall praktisch für den Donkey ;-)
Das Fahren mit der Rohloffschaltung ist ein Traum - wartungsfrei und auch im Anhängerbetrieb völlig unproblematisch. Kombiniert mit dem Country Kettenschutz ist die Kette gut geschützt (abgesehen von der Kleidung) und auch der Ausbau des Hinterrades ist kein Problem: den Wechsel von BA50 auf den Spikesreifen von Nokian auf Vorder- und Hinterrad hatte ich in ca. 20 Minuten erledigt! Eine große Erleichterung dabei ist auch die Rohloff Seilbox, die den Ausbau des Hinterrades enorm vereinfacht. Die Lösungen anderer Produkte im Bereich Kettenschutz benötigen da mehr Zeit - kann ich aus Erfahrung sagen: Meine alte Gazelle hat auch einen Volkettenschutz, aber auch andere Schaltungen (das Villiger meiner Frau besitzt noch eine 7-Gang Schaltung von - das Hinterrad baut man besser nie ganz aus!!!) können einem das Leben in diesem Punkt schwer machen. An die Geräusche der Rohloffnabe in verschiedenen Gängen (der berühmte "Sound of Rohloff", der bei jeder Nabe individuell ausfällt), gewöhnt man sich schnell, nach einem Winter mit den Nokian Spikesreifen hört man das Getriebe fast nicht mehr ;-)
Die Bremsen beißen gut zu, auch im Anhängerbetrieb - nur bei dem heftigen Schnee und Eis hier in diesem Winter kam die Verzögerung ab und zu mit größerer Verzögerung. Die HS 33 von Magura ist aber trotzdem äußerst zuverlässig und absolut wartungsarm. Das Nachstellen der Bremse ist mal kurz beim Ampelstopp zu erledigen.
Die Airwings Evolution in Verbindung mit dem BigApple Reifen bildet eine gute Ergänzung was die Federung und damit den Fahrkomfort des Rades angeht. Ich habe folgendes Problem: Ich liebe das aufrechte Fahren auf dem Fahrrad und ich sollte nach meinem Autounfall auch eine aufrechte Haltung beibehalten. Das Problem dabei ist, dass beim aufrechten Fahren die Wirbelsäule stärker belastet wird. Abhilfe bieten hier die Airwings Evolution und BigApple. Auch wenn mir im vergangenen Jahr das Laufen desöfteren noch schwer gefallen ist und ich dabei aufgrund der Verletzungen starke Schmerzen hatte, beim Fahren mit der Wanderdohle verschwanden sie meist sogar …
Inzwischen ist die Wanderdohle zur "Lastdohle" geworden: volle Satteltaschen (täglich) & Donkey gehören oft mehrmals wöchentlich zum Programm, wobei alle Taschen und auch der Donkey bis zur Belastungsgrenze gepackt werden. Kleines Detail dabei: Satteltaschen & Donkey mit der SL-Glidekupplung gehen am besten mit dem Trekkingträger, da man dort die Taschen eine Etage tiefer hängen kann als beim Tourträger. Das ist entscheidend, da das SL-Glidesystem ziemlich dicht auf dem Träger sitzt und die Clicksysteme der Satteltaschen dann nur noch mit großer Fummelei einzuhängen sind.
Auch den Kauf des SON-Nabendynamo habe ich nicht bereut: Jederzeit verlässliches Licht - auch bei Tunneldurchfahrten - ist einfach Luxus aber macht das Fahren eben auch sicherer. Ich muss mir niemals Gedanken machen, ob ich das Licht schon benötige oder nicht, denn der Sensor in der Lampe nimmt mir die Entscheidung ganz einfach ab. Nur bei Nebel und Schneefall muss ich ihn ein wenig überlisten, denn da ist es dem Sensor oft zu hell, auch wenn ich der Ansicht bin, dass mit Licht fahren sicherer wäre. Da ich auch das DiWa-System montiert habe, und ich schon gerne das Bremslicht auch bei so widrigen Verhältnissen haben möchte, überklebe ich einfach im Winter den Sensor mit schwarzem Gewebeband und so funktioniert auch da das Bremslicht. Eine Anfrage bei Busch und Müller ergab, dass die Funktion des Bremslichtes nur bei Sensorautomatik kein technisches, sondern ein Verkehrsrechtliches ist - gut, das kann man mit einem Stück Gewebeband einfach umgehen … Das Mitlaufen des Nabendynamos spüre ich erst spät - so ab 40 km/h ist die Vibration für mich erst spürbar, stärkeres Treten kann ich darunter eigentlich nicht wirlich vermelden.
Schade, dass so wenig Kunden den DeWoerd Mantelschoner geordert haben und Utopia ihn daher (so wie die Wanderdohle auch) aus dem Programm genommen haben - er macht auch das Fahren mit weiten Hosen, Mantel oder Rock sicher, denn kein Kleidungsstück kann sich in das Hinterrad verirren.
Bei allem positiven über das tolle Utopiarad hab ich doch eine kleine Kritik: Dass das Lichtkabel schon nach einem Jahr durchgebrochen war, hat mich überrascht, auch wenn das Kabel einigen Belastungen ausgesetzt war. Ich weiß, dass Utopia daran gearbeitet hat und werde trotzdem beim nächsten Bruch das Kabel von Schmidt (SON) nachrüsten, das soll etwas mehr aushalten - das weiß auch Busch & Müller. Vielleicht überlegt sich Utopia ja für die Zukunft die Verlegung dieser haltbaren Kabel.
In diesem Zusammenhang gab es viel Kritik an Utopia im Internet-Forum. Das Schönste bei Utopia ist: Utopia baut nicht einfach nur geniale, zuverlässige, absolut alltagstaugliche, schöne und stabile Fahrräder, verkauft sie uns und fertig, sondern jede Kritik wird ernst genommen und fließt in die Produktion ein. Klassisches Beispiel ist die geänderte Zugverlegung der Licht-, Brems- und Schaltungsleitungen aufgrund Kritik von uns Radfahrern. Welcher Hersteller (egal ob Fahrrad oder ein anderes Produkt) bietet so eine Möglichkeit? Den meisten ist doch egal was anschließend mit ihrem Produkt passiert! Utopia nicht und das hebt nicht nur die Fahrräder, sondern die gesamte Firmenpolitik in eine utopische Dimension. Utopia ist keine ferne Illusion, sondern heute schon Wirklichkeit, über deren Existenz ich mich täglich auf`s Neue freue!

marcus steiniger



 

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  Re:2.500 Kilometer mit der Wanderdohle (einer aussterbenden Art) durch Sonne, Wi  Markus  30.03.05  14:16:43 
  Re:Re:2.500 Kilometer mit der Wanderdohle (einer aussterbenden Art) durch Sonne,  Christian Wachtel  29.03.05  13:22:08 
  Re:2.500 Kilometer mit der Wanderdohle (einer aussterbenden Art) durch Sonne, Wi  Stefan Paege  01.03.05  19:21:58 
  2.500 Kilometer mit der Wanderdohle (einer aussterbenden Art) durch Sonne, Wind   marcus  01.03.05  15:04:21